Nach der Zeit, als des
Königs Matthias gemachten österreichischen Eroberungen wieder an
Oesterreich zurückkamen, scheinen die Freiherrn vonGravenek in den
Besitz von Scharfeneck gelangt zu seyn, da nach einem im k. k.
Haus-Hof-Archive vorfindigen Vergleiche cle cisro Linz den 4. Jänner
1492 über Vorspruch König Wladislaws wegen an i>en Kaiser von dieser
Familie gestellter Forderung von Kaiser Friedrich IV. her verheißen
ward, daß des Ulrich Graveneckers Söhne, noch bevor sie die Vogtbarkeit
erreichen, aus des römischen Königs Händen das Schloß und die Herrschaft
Scharfeneck sammt andern ihren Gütern empfangen sollen. Jm Jahre 1542
kam diese Herrschaft an die Erben des Kaspar Khalb in; im Jahre 1559 an
Bartholom« Hönig; im Jahre 1571 an die Erben des Marimilian Freiherrn
von Pohlheim und im Jahre 1595 an Johann Bavt. Franz Freiherrn von
Breuner kaufweise (aus dem n. ö. stand. Gült. Buche).
Von des letzteren
nachgelassenen Kindern gelangte die Herrschaft Scharfeneck im Jahre 16Z5
an das Vicedomamt in Wienunbekannt ob durch Umtausch oder Verkauf.
Spaterhin erhielt die Kaiserin Elenora von Mantua,
Gemahlin Kaiser Ferdinands II. nebst mehreren andern Gütern auch diese
Herrschaft zu ihrem Leibgedinge, nach deren
1655 erfolgten Tode Scharfeneck mit gleicher
Bestimmung an die dritte Gemahlin Kaiser Ferdinand« III., Maria Elenora,
ebenfalls eine Prinzessin von Mantua, überging, welche laut einem im k.
k. Hofkammer-Archive befindlichen Donationsbriefe im Jahre 1658 den
Grafen Friedrich von Cavriani auf Unterwaltersdorf, Schöngraben und
Schranewand, welcher schon bei der zweiten Gemahlin Kaiser Ferdinands
II. die Stelle eines Obersthofmeisters bekleidet hatte und auch bei
dieser dritten Gemahlin Kaiser Ferdinands III. dieselbe einnahm, mit
zehntausend Gulden Capital von ihrer Herrschaft Scharfeneck und dem
daselbst haftenden Tazgelde nebst dem dazu gehörigen Markte Reisenberg
beschenkte (Wisgiill Band II. z. 23).
Wenn wir daher bei der
Darstellung des Marktes Reisenberg, gleich wie die kirchliche
Topographie, die noch außerdem das nächst Alland gelegene Dorf
Raifenmarkt mit dem Markte Reisenberg (Band IV. z,. 6Z.) verwechselt,
erwähnt haben, daß derselbe von Elenora, Gemahlin Kaiser Friedrichs IV.,
dem Grafen Cavriani eigenthümlich überlassen worden sei, so ist diese
Schenkung auf die obengenannte Kaiserin Elenora im XVll. Jahrhundert zu
beziehen und dieser Jrrthum dahin zu berichtigen, daß zu Zeiten Kaiser
Friedrichs IV. das Geschlecht der Cavriani aus Mantua stammend, zwar
schon in Oesterreich blühte und im Jahre 1452 von ihm zur freiherrlichen
Würde erhoben ward, daß aber zu eben dieser Zeit keiner dieser Familie
als Graf und Obersthofmeister der Kaiserin erscheint, und erst dieser
Friedrich Freiherr von Cavriani im Jahre 164Z von Kaiser Ferdinand III.
in den Grafenstand erhoben wurde.
Jm Jahre 1701 verkaufte
Kaiser Leopold I. die Herrschaft cm den Fürst-Bischof zu Würzburg Johann
Philipp Freiherrn von Greiffenklau-Vollraths, von diesem kam sie 1705
durch Kauf an seinen Schwager, Ernst Christoph Grafen von Fuchs zu
Limbach und Dorn he im, nach dessen Tode erbte sie seine zweite Gemahlin
Maria, geborne Gräfin von Mollart, Erzieherin der Erzherzoginnen
Töchter Kaiser Carls VI. und hochgeschätzt und geliebt von der von ihr
erzogenen und gebildeten Kaiserin Maria
Theresia, welche sie nach ihrem 1715 erfolgten Tode noch sogar durch
Beisetzung ihres Leichnams in die kaiserliche Gruft ehrte; Kaiser Franz
I. kaufte im Jahre 1754 die Herrschaft von ihren Töchtern, worauf
dieselbe im Jahre 1756 an die kaiserliche Staatsgüter-Administration und
1797 an die k. k. Familien - Güter - Direction übergeben ward. - ,
Ueber den von der Veste
auf die Herrschaft übergegangenen Namen läßt sich bloß die Meinung
hinzufügen, daß derselbe von der eigenthümlichen Lage der Burg,
gleichsam an einer scharfen, so viel wie schroffen Ecke oder'Höhe
des"Gebirgs, genommen und daher die Benennung: Herrschaft Scharfeneck
(die Verwaltungs - Kanzlei derselben befindet sich in Wannersdorf)
beibehalten worden ist.
Die Bestandtheile der k. k. Avictical - Herrschaft Scharfeneck sind die vier Märkte: Au, Hof, Mannersdorf
und Sommer ein. Diese zählen zusammen 771 Häuser, 114Z Familien, 2720
männliche, 27Z5 weibliche Personen, 792 Schulkinder, 794 Pferde, 220
Zugochsen, 1067 Kühe, 2042 Schafe, 25 Ziegen und 185 Zuchtschweine.
Den Grundstand von dieser
Herrschaft vermögen wir gegenwärtig nicht genau anzugeben, weil solcher
eben der Berichtigung unterzogen ist, und weder die
Familien-Fondsbuchhaltung noch das n. ö. ständische Steueramt die
genauen Summarien davon besitzen.
Der ganze herrschaftliche
Bezirk ist gegen Osten von den Leithagebirgen und gegen Westen von dem
Leithaflusse eingeschlossen. Der Markt Au liegt am südlichen Ende, an
welchen sich in einer Entfernung von 1/4 Stunde der Markr Hof, und 1/2
Stunde Mannersdorf und in derselben
Entfernung Sommarein in nördlicher Richrung anreihen. Alle diese vier
Orrschaften liegen am Fuße der Leilhaberge und haben von der Ferne ein
schönes Ansehen, welches aber ganz verändert erscheint, wenn man sich im
Orte befindet. Jm Markte Au sind die Einwohner Crosten, im Markte Hof
ist die Straße sammr den Häusern gar sehr
schlecht, besser gebaut dagegen kann man Mannersdorf und Sommarein nennen. '
Es ist hier auch gutes
Klima und Wasser vorhanden, und sowohl Jagdbarkeit als Fischerei in der
Leirha sind Rechte der Herrschaft.
Vorherrschend ist der
Ackerbau, minder dagegen der Weinbau und die Obstpflege. Die Gründe sind
ziemlich gut, mehrere aber den Ueberschwemmungen der Leitha ausgesetzt,
die der Länge nach den herrschaftlichen Bezirk begränzt und
durchströmt. Die Viehzucht, den Bedarf des Landmannes umfassend, ist
hier nicht besonders, bloß allein die kaiserliche Schäferei verdient
eine rühmliche Erwähnung, da sie durchaus in einer original spanischen
Schafheerde besteht. Die andern einzelnen Gegenstände beliebe der
geneigte Leser bei den betreffenden vier Märkten der Herrschaft zu
entnehmen, allwo sie umständlich aufgezählt erscheinen.
(google-book-scan)